Wednesday, December 13, 2006

Ching Chan Chong

Ich weiss, ich weiss, die Zeit rast davon und von neuen Posts von mir ist nicht viel zu sehen. Fast taeglich koennte ich hier von seltsamen Dingen erzaehlen, aber jedesmal wenn ich dann von solchen Tagen muede nach Hause komme, siegt mein platter aber gemuetlicher Futon gegenueber der Tastatur und ich komm wieder nicht dazu, euch ein wenig von hier zu berichten.
Und so geraten dann nette Geschichten ueber kurzfristig einstudierte Aufritte als Kosakentaenzer, interessante Begebenheiten als Wuerstenverkaeufer, das Erlebniss von meiner Solo "Oh Tannenbaum"-Improvisation vor ueber 100 Grundschuelern und Lehrern in einer riesigen Aula, und Berichte von meinem Doppelleben als Teilzeitweihnachtsmann auf einem Muenchner Weihnachtsmarkt, dem Megaspektakel hier in der Stadt zur Zeit, einfach in Vergessenheit. Es fehlt mir also nicht an Erlebnissen, sondern an Zeit, von diesen zu berichten.

Aber heute Abend - ob es an den leckeren Wasabisashimi oder doch eher an dem CaramelCapuchino von vorhin liegt, dass ich dafuer meinen dringend noetigen Schlaf opfer, weiss ich nicht - werd ich wieder einmal ein wenig von diesem seltsamen Land erzaehlen. Und glaubt mir, es ist seltsam, was ich auch heute wieder mal bis aufs letzte bestaetigt bekommen habe.

Gestern morgen hatte mich meine Cheffin kurzfristig darauf angesprochen. "morgen abend hast du keine Arbeit, wegen einer Veranstaltung um 6 - komm im Anzug" und weg war die viel beschaeftigte Frau wieder. Steffen hat nicht weniger unklare Infos erhalten, und so blieb uns nichts anderes uebrig, als uns auf alles gefasst zu machen und auf heut abend zu warten.
Also heute Abend dann in meinen Abiball anzug geschluepft, Schuhe von dem grossgewachenem KimuraSan bekommen, der Steffen, unsere Cheffin, mit der er zusammen ist, und mich in die Stadt chauffierte, und mit seinem altem, rotem VWPolo vor einem dieser Superhotels brachte, von wo wir 3 dann von Pagen eskortiert wurden.
Es war ein Vortrag des Vorsitzenden des deutschem Konsulats in Sapporo - deshalb auch auf deutsch und nicht unkritisch in Bezug auf die Aeusserungen gegenueber Japans, wie Walfang, Todesstrafe und dergleichen, was die japanische Uebersetzerinn doch haeufig ins Schwitzen brachte.
Nach anschliessenden Fragen aus dem im Durchschnitt ueber 60 Jaehrigem, rein japanischem Publikum, die nicht japanisch-typischer haetten sein koennen, wie zB "Aber wenn Deustchland so offen fuer Einwanderung ist, dann gibt es doch bald garkeine "echten" Deutschen mehr, dass waere doch schade", wurde es dann lustig.
Zuerst, wurde das Bier eingeschenkt. Wenn eine Veranstaltung in Japan nur im geringsten etwas mit Deutschland zu tun hat, scheint das allerwichtigste auf einmal das Bier zu sein. Nachdem der Vorsitzende der Sapporo Biermarke, die an diesem Abend getrunken wurde, hoechstpersoenlich auf einmal wie aus dem Nichts, aehnlich dem einer kurzeingeblendeten Fernsehwerbung, erscheint, auf der Buehne ausdruecklich erklaert, wie lecker doch sein Bier sei und wie sehr es doch dem deutschem aehnele, und darauf wieder genauso schnell verschwindet, wurde endlich angestossen.
Nach einem leckerem, rohem Fischbuffee (ich mag das wirklich), stellten dann wir 2 "echten" deutschen (Steffen ist halbjapaner), uns dem Publikum vor, anschliessend gings dann weiter im Deutschprogramm - Zeit fuer deutsche Weihnachtslieder. Aber nicht, bevor nicht die Ausprache zusammen geuebt wird, und so sassen wir alle in diesem feinem Veranstaltungssaal, ich mit vielen anderen auf die 70 gehenden Japanern an einem rundem Tisch, und studierten mit einer Stimme, die nicht monotoner und einschlafender haette sein koennen, "Stille Nacht" und "Oh Tannenbaum" in preziser Sorgfalt, Strophe fuer Strophe ein. Ich habe mir nicht nehmen lassen, diesen Hoergenuss mit aufzunehmen.
Internationaler Austausch auf seiner japanischsten Art und Weise.
Und schliesslich wurde gesungen.

Weihnachtslieder, da fehlen ja nur noch die Geschenke, und die kamen dann auch.
Nun stellte sich aber ein Problem heraus: wer darf nach vorn, und sich was von dem Tresen voller bunter Geschenke nehmen. Naja auf jedenfall doch die 5-jaehrige kleine Tochter von einer Frau aus dem Publikum. Nichts da, jedem die gleichen Chancen, ob 5 oder Ende 50.
Und so wurde dieses Problem auf die Art und Weise geloest, die bei solchen Momenten fuer Japaner als die einzig richtige, angemessenste und vernuenftigste erscheint: Schere, Stein Papier.

Als ich einmal mit meinen Kollegen und Kolleginnen Bowlen war,
und wir die Teamaufteilung per Schere, Stein, Papier loesten, fand ich das doch etwas seltsam. Immerhin sind alle meine Kollegen schon mindestens 24.
Aber heute Abend, mit diesen vielen alten Japanern, die sich teilweise schwer noch auf dem Stuhl halten konnten, um dem Tisch zu stehen und im Kreis um ein Paar Geschenke um die Wette, "Saisho wa guu, Janken Pon" (die Japanische, Ching, Chang, Chong Variante) zu schreien, hat das nochmal um Laengen getopt.
Tatsaechlich ist hier "Janken" ein unglaublich praktisches Mittel, fuer jede Situation solcher Art, und wird auch nicht selten benutzt. Im Kindergarten wird so im Grunde alle paar minuten eine Entscheidung zwischen den Kindern gefaellt, und dieses System der gerechten Konfliktloesung wird bis ins spaete Alter auch so belassen.

Und so bin ich durch geschicktes Stein Schere Papier spielen heute um ein Paar potthaessliche, deutsche Gluehweintassen reicher geworden. Und auch viele der aelteren Herrschaften haben sich so bis an die Spitze zum Geschenktisch gespielt.
Das 5-Jaehrige Maedchen hingegen, ging meines Wissens leer aus.


Hier gerade bei einer wichtigen Endentscheidung. Die drei Gewinner der vorher bestrittenen Tischrunden spielen nun um die Reihenfolge, wer zuerst zum Tisch gehen darf, um ein Geschenk zu nehmen - was selbstredend mit Janken zu loesen ist.

Wednesday, November 22, 2006

Frierende Buddhas

Heute habe ich meine Reihe an Bergbesteigungen in Sapporo fortgesetzt. Wieder gings in der Mittagspause los. Bei schoenem Sonnenschein ab aufs Fahrrad - und auch gleich wieder runter (Baustelle). Weiter gings, und ploetzlich verfinsterte sich der Himmel. Wo vorher noch die Sonne hing, war nun ein dichter weisser Nebel, der immer dichter zu werden schien. Dieser Nebel begann von Sueden die Stadt zu durchziehen, auf mich zu und dann erkannte ich es. Es war Schnee. keine netten kleinen Schneefloeckchen, eine Schneewand, die mir im naechsten Augenblick ins Gesicht klatschte, dass ich mich nur noch schwer im Sattel halten konnte.
So beginnt hier also der Winter.

Ich war schon kurz davor umzudrehen, fuhr dann aber doch weiter. Eine Stunde spaeter dann am Fuss des Maruyama, dem rundem Berg, angelangt. (Der letzte Berg, von dem auch weiter unten im letzten Post ein Foto zu sehen ist, heisst Sankakuyama, Dreiecksberg. Einfallsreiche Namensgebung, aber eben nicht ganz unpassend...)
Oben angelangt, nach knapper halber Stunde, fuehrte ein weiterer kleiner Weg an der anderen Seite des Berges nach unten. Zeitlich war ich schon ziemlich knapp dran, aber da entdeckte ich eine kleine Buddhastatue. Ein Paar Meter weiter, den Hang hinunter kam die naechste, und wieder etwas weiter, noch eine. Es schien kein Ende zu nehmen, und schon bald merkte ich, dass es wohl wenig Sinn machen wuerde, wieder nach oben zu krakzeln, um auf den Hinweg zurueckzugehen, und entschied, nun ganz diesem Pfad, mit seinen steinernen Bewohnern zu folgen.
Eine aeltere Japanerin, die ich auf dem Weg traf, und mit der ich ins Gespraech kam, erklaerte mir dann, dass alle Statuen urspruenglich aus Indien stammen wuerden. Die japanischen Schriftzeichen wurden dann wohl erst spaeter eingraviert. Eine Wegbeschriebung zurueck zum Fahrrad bekam ich dann gluecklicherweise auch noch, inzwischen war es naemlich schon dunkel genug, um sich herrlich auf diesem unbekannten Weg im Wald zu verlaufen. Eine Kennerin des Maru-Berges schien sie jedenfalls zu sein, denn trotz der doch zum Teil relativ steilen Haenge, und vor allem dem super glattem Matschboden, war sie auch auch schon wieder im schnellem Tempo den Berg hinauf verschwunden. Wie scheinbar alle aelteren Japaner, eben eine echter Bergwanderin, die eben gerade solches Wetter lieben, um gemuetliche Spaziergaenge durchs Gebirge zu unternehmen.

Am Ende des kleinen Weges, und nach etwa 100 steinernen Buddhastatuen, kam ich dann zu einem kleinem Tempel, wo nochmal hunderte von Statuen in der Kaelte ausharrten.
Beim naechsten Mal werde ich mir den genauer anschauen, diesmal war die Zeit zu knapp.

Also ab nach Hause, vom Stadtrand, ab durch die Downtown. Inzwischen hatte der Schneesturm wieder maechtig angefangen zu toben, was die modebewussten Japanerinnen natuerlich nicht davon abhielt, weiter in Minis und Hotpants durchs Schneegestoeber zu ziehen, aber das ist eine andere Geschichte...

Nun bin ich wieder in meiner kleinen, warmen Wohnung, inzwischen liegt knapp 5cm hoher Schnee, und ja, ich bin heut zu spaet zur Arbeit gekommen, aber im Schneesturm mit Fahrrad durch eine ganze Stadt zu kurven, kann schonmal laenger dauern...










Monday, November 20, 2006

Ausflug durch den Schilderwald


Noch ist hier von dem mehrere Meter hohem Schnee, der mir zur Zeit staednig angepriesen wird, nichts zu sehen. Also hab ich auch heute die, so wie es sich anhoert, letzten Tage, an denen man noch ohne Schneeboots und Mounteverestausruestung vor die Tuere treten kann, fuer eine kleine Radtour durch die Stadt inklusive kurzer Bergwandertour genutzt.
Schon nach knapp zehn minuten fahren, hiess es absteigen, schieben. Der Grund, wieder mal eine der millionen von Strassenbaustellen in der Stadt, und wieder konnte ich das lustige Strassenbaustellenphaenomen beobachten. Erstens, ich weiss nicht warum, aber japanische Bauarbeiter sind immer extrem guter Laune. Natuerlich hat es etwas mit der japanischen, uebermannenden Freundlichkeit im Dienstleistungssektor zu tun, dass der Mann dich wirklich unheimlich arrangiert und zuvorkommend darum bittet, vom Rad zu steigen. Aber das eigentlich seltsame daran ist, dass es tatsaechlich bei jeder baustelle, egal wie gross, diese vier leute gibt, 2 am hinterem und 2 am vorderem ende der Baustelle, die nichts anderes tuen, als die ohnehin schon mit rund 6 Leuchtschildern, Blinkpfeilen und Animationstafeln, auf denen lustig aussehende Bauerbeitermaennchen dir die Richtung zeigen, dir die Richtung zeigen.
Einmal bin ich bei einer knapp 1 einhalb meter langen Baustelle vorbeigekommen, wo nun wirklich die blinkenden Absperrvorrichtungen und die leuchtenden Pfeiltafeln gereicht haetten, um auf dieses so gefaerliche Hinderniss aufmerksam zu machen. Aber nein, wieder standen am Ein- und Ausgang der kleinen Fussgaengerumleitung die Richtungsweisenden Lotzen, die mir wie immer freundlich aber bestimmend und mit klaren Handbewegungen den "sicheren" Weg zeigten. Was haette ich blos ohne sie getan...



Noch ein paar Fotos meiner Mittagspausenradtour.

Skaten in der Kaelte






Es wird kalt hier. Die weissen,
schneebedeckten Bergkuppen, von denen die Stadt umgeben wird, beweisen es.
Die Herbstfarbenpracht war nur von kurzer Dauer. Sprungartig wurde auf Winter umgestellt und die ersten Schneeflocken sind schon gefallen.
Aber hindern sinkende Temperaturen daran, weiter in den Streets Sapporos Sport zu treiben, noe.

Heut war ich bei relativ froehlichem Wetter ein wenig unterwegs und hab auch ausnahmsweise mal ein paar Fotos geschossen.













Ja, ein echter "Ghettostyle" Bikepark mit Streetballcourt unter den Gleisen Sapporos Fernbahnstrecken. Hm? Ghetto? Aber wo ist dann der ganze Muell, die brennenden Muelltonnen, und die Gaengster? Aber doch nicht in Japan. und deshalb steht auch neben dem Eingangsgitter ein freundliches Rauchenverbotenschild und daneben auch gleich der Handbesen und die Schaufel ordentlich angelehnt. Eben ganz nach japanischer Ordentlichkeit.


(Bin hier trotzdem gerne, um ein paar Koerbe zu werfen.)

Zaehneputzen an der Autobahn. So faengt's an...

Der Vince in Japan.
Geschichten, die keiner hoeren will. Ich schreib sie trotzdem.