Tuesday, August 10, 2010

Moscow















10 Stunden Wartezeit am Flughafen Kevlavik, dann steigt unser Vogel 1 Uhr nachts in die smaragtblaue Nacht der islaendischen Landschaft. Die Sommer der Gletscherinsel werden auch zur Nacht nicht dunkel. Und so faerbt sich auch die Ebene von der Maschine aus betrachtet nur in ein dunkeles Blau, am Horizont sich raufend mit einem blutrotem Himmel. Ares und Zeuss, im Ringkampf verwoben. und durch diesen Kontrast sich schlaengelnd, die goldengluehende Kette der Strassenlichter, in Staedten und Doerfern sich zu Kneueln verheddernd und mystische Runen auf die Landschaft abzeichnend, wie verschluesselte Botschaften ans All.
Und bald versucht die Nase des Flugzeugs in die unendlichen Grautoene des Berliner Himmels einzustossen, Zwischenlandung in Tegel, zisch, weiter in die Stadt, aus der ich nun schreibe.

2500 Meter ueber Moskau. Ueberproportionierte Megavillen sowie Maerkischen Vierteln konkurrierenden Betonbauten tuermen sich im Sichtfeld auf, die ich spaeter noch aus der Zugperspektive bestaunen darf. Dann rumms, asphaltspaltige moskauische sowietstyle Landung. 34 Grad, aber mein Pass wird trotz fehlender Ausreisebeweise Akzeptiert. drinn im Circus. Ratternd fuehrt mich die Expressbahn richtung Moskau Zentrum. Staubige Kiefern- und Birken-Waelder, in denen kleine Waldbewohner hier und dort an den Gleisen um Muellfeuer hocken. Spaeter dann barakenartige Holzhuetten, dann noch urbaner, die Kilometerhohen Plattenbauten, an denen ich nun wie Spinnneweben vernetzte Kabelkontstruktionen erkennen kann, als sei Spiderman von Hood zu Hood gesprungen. Die Haelfte der Fenster vermauert, viele weitere durch Planen und Folien ersetzt. Langsam setz sich aus diesen Barracken und Betonkollosen eine improvisierte Vorstadt Zusammen aus der nach und nach der verfallene Stadtring Moskaus wird.
Weiter, umsteigen in die Metro. Mit Rolltreppen aus purem Holz hunderte von Meter unter die Erde, um dann vor sich ausbreitende mit goldenem Stuck und Marmor verfallene Atlantis Ubahnstationen zu haben, deren katakombentunnelanlagen kilometerweit sich verzweigen. Endlich am richtigem Ubahngleis angelangt Rasst die Rattermetro heran, wie eine Holzkohlebahn, man selbst ein Stolllenarbeiter, und schon schiesst man los, Richtung Stadtzentrum, hunderte Meter unter der Erde, mit Gestallten, die an Falloutstadtszenerien errinnern.
Wieder oben angekommen, nach Marmorhallen und Goldkronleuchter-Rolltreppengaengen, erwartet einem das wahre Madmax.
Viele Schutzengelmoskauer mussten mir den Weg weisen, bis ich endlich in den unendlichen Weiten, der ausschliesslich kurrillisch ausgeschilderten Ticketschalterhallen den richtigen Schalter und somit zu meinem Transsibticket fand. (zunaechst erstmal nur nach Irkustsk, spaeter schau ich weiter)
Ausgestattet mit validiertem (und ab heute mittag um 1 gueltigem) Ticket, gelang ich wieder an die Oberflaeche.
8 Uhr Abends. Der Wind hatte sich bereits gedreht und die vorher noch zaghaften Rauchwolken, liessen einem nun die Traenen in die Augen draengen.
An der Oberflaeche, wilde zu seltsamen Techno tanzenden Betrunkene, von denen man schnell umringt war. Wohin jetzt? Ich erkannte, dass der einzige Weg hier lebend die Nacht zu verbringen darin bestehen konnte, einer von ihnen zu werden, war. 35 Rubel Bier, flupps, wohin damit, seltsam angeschaut von militaer und Polizei musste ich mir nun eine Bande aussuchen, an die ich mich anzuschliessen hatte. Ohne Bande, kein Schutz. Die arg rassistisch dreinguckende Skinheadgang? Die schlecht organisierte und angreifbare Hinterlandsibiererbande? Ich entschied mich letztendlich fuer eine Bande Nordarmenier. Warum blos? Schnell war ich in der Gruppe akzeptiert und gemeinsam blickten wir auf die russig graue Rauchlandschaft am Yurislaviaplatz, mit stueckchenweise herunterrieselnden Kohleteilchen aus nahegelegenen Waldbraenden. Nur ab 2 Promille war dieses diesig, schwuelle Stadtviertel auszuhalten. Jede Art von Mensch streifte vor meinen Augen den breiten Platz und mir wurde bewusst, wie sehr wir Menschen falsch liegen, dass wir alle einer Art sind. Vielmehr wird dieser Planet von unzaehligen unterschiedlichen Aliens bewohnt. Jede Alienart von ihrem eigenem Planeten stammend, ob Weissrusse, Mongole, Kassache oder Rumaene, wir alle sind Aliens auf diesen Planeten, die in ihrer Art nicht unterschiedlicher sein koennte, und gerade dass macht unsere Erde ja so bedeutsam. Wann hoeren wir endlich auf, das 'Wir und die Anderen'-Denken aufzugeben und endlich zu kappieren, dass jede Art in seiner Weise besonders und fremd ist. Wir muessen nur alle gleich behandelt werden.
Bald sagte ich meinen Kumanen Lebewohl und stampfte weiter.

Auf der Suche nach einer Nachtbleibe durchstreunerte ich die Gassen dieser Stadt.
Jede neuerkundete Nebenstrasse liess mich mehr fuer diese Metropole sympatisieren. Und ich erkannte, dass nicht alles im Bollschewismus graue Einoede sein musste. Fuer Hotels gehaltene Hinterhoeffe entpuppen sich als Stadtgaerten unglaublicher Schoenheit, die jeden Florentienischen Hof blamieren wuerden, da sie mit ihrer unaufgetragenen haesslichen Schoenheit, die wahre unromantisierte Seite einer von der Zeit gezeichneten Stadt aufzeigen konnten.
Gluecklich wie ein Pandabaer schaukelte ich durch die Strassen, die moskauer Nacht aufsaugend wie Jack Dulouz in San Fransisco. Wie in Trance wanderte ich mit vollem Gepaeck nachts von Viertel zu Viertel (die einzige Art, wie ich jedes Mal eine Grossstadt zu erleben versuche, wenn ich sie das erste Mal betrete), bis ich merkte, dass ich noch kein einziges Hotel oder Hostel auffinden konnte.
Vier Moskauer junge Idealisten waren meine Rettung. Vor einer Metrostation fragte ich sie nach einer moeglichen Bleibe. Aus der gemeisamen Suche nach einem bezahlbarem Hostel wurde eine Moscowtour der besonderen Art. Waehrend wir in Gespraechen ueber Demokratiewuensche und Rassismusprobleme des Landes dieser tollkuehnen Patrioten verstrickt waren, zeigten sie mir in einer Bierbeladenen Metrobutterfahrt die anderen Seiten der Stadt. Die erst angebrochene Nacht liess uns zu Verbuendeten der Gerechtigkeit werden. Ich war ihr deutscher Spion und ich fand keine Moeglichkeit ihnen diese Ahnname streitig zu machen. Trotzdem bewaffneten sie mich fuersorglich fuer meine folgende Reise durch das ihrer Meinung nach durch und durch auslaenderfeindliche Russland. Eine irre nacht - Ich hoffe, ich werde ihr Pfefferspray nie einsetzen muessen.

Fotos folgen

1 comment:

Unknown said...

Welcome to the Russia else, Vince.
We are international russian people!^)